Die Stufen der Vorbereitung auf den Tod

Die im folgenden dargestellten Zustände lassen sich in der beschleunigten Phase des Sterbens bei todkranken Patienten beobachten. Sie sind aber auch bei allen anderen Menschen zu beobachten, die sich in der weniger offensichtlichen Phase des Sterbens befinden, welche wir normalerweise „das Leben” nennen. Die Phasen folgen nicht notwendigerweise in der geschilderten Reihenfolge aufeinander; auch werden sie nicht nur ein einziges Mal durchlaufen. Des weiteren kann es passieren, dass bei einem Sterbenden einer dieser Zustände überhaupt nicht auftritt, und dass er dafür viel Zeit in einem anderen zubringt. Wir sollten immer wieder prüfen, in welcher dieser Ego-Fallen wir gerade gelandet sind – im unbewussten Versuch, dem Tod zu entkommen.

Eine umfassende Beschreibung der ersten fünf Stufen der Vorbereitung auf den Tod verdanken wir Elisabeth Kübler-Ross, deren Leben ein Ausdruck tiefsten Mitgefühls war. Mit ihrem Buch Interviews mit Sterbenden eröffnete sie vor über dreißig Jahren die Diskussion über das bis dahin in den westlichen Kulturen vollkommen tabuisierte Thema des Sterbens.1

Von drei dieser fünf Stufen werden viele Menschen die meiste Zeit ihres Lebens vereinnahmt: Verweigerung, Aufbegehren und Depression. Die Entwicklung der Fähigkeit, unsere eigenen Strategien der täglichen Selbstisolation, der Wut, Angst, Trauer und Depression zu erforschen, gehört zu den ersten Schritten in der Vorbereitung auf einen guten Tod. Und wir sollten tun, was möglich ist, um die seelischen Verletzungen zu heilen, auf die wir dabei stoßen. Im geheilten Zustand können wir einerseits ohne Ablehnung auf verletzende Situationen zurückblicken und andererseits tieferes, reiferes Mitgefühl gegenüber anderen empfinden. Tun wir dagegen diese grundlegenden ersten Schritte nicht, werden alle anderen Schritte der Vorbereitung auf den Tod halbherzig und schwach sein.


  1. Elisabeth Kübler-Ross: Interviews mit Sterbenden; Stuttgart 1973; Neuausgabe bei Knaur, München 2001 ↩︎